6. Das fünfte Gebot

 

 

Das fünfte Gebot

12 Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren, auf dass du lange lebest in dem Lande, das dir der HERR, dein Gott, geben wird.”

(Exodus 20.12)

Jemanden „ehren” bedeutet diesen „respektieren, achten, schätzen”, diesem „die gebührende Ehre oder Achtung erweisen”.

Im Allgemeinen sollten die Beziehungen zwischen den Menschen auf dieser gegenseitigen „Ehrung” beruhen.

Gott beschränkt hier jedoch dieses Gebot im besonderen auf die Ehrung der Eltern.
Auf diese Weise macht er uns darauf aufmerksam, dass die Ehrung und Schätzung der Eltern mehr als der „normale” Respekt gegenüber den anderen Mitmenschen bedeuten.

Als angeborenes Gefühl ist der Respekt gegenüber den Eltern im Grunde genommen ganz selbstverständlich und natürlich.
Es ist ein bedingungsloses Gefühl, unabhängig von den guten oder schlechten Eigenschaften der Eltern, jenseits der Tatsache, ob die Eltern für die Erziehung, Entwicklung und Lebenseinstellung der Kinder sorgen oder nicht. Dies sind normalerweise natürliche Handlungen der Eltern, hervorgegangen aus deren Liebe für ihre Kinder.

Der Respekt der Kinder für ihre Eltern beruht auf ein angeborenes menschliches Gefühl:
Die Liebe des Nachkömmlings für dessen Eltern.

Für die Fälle, in denen es dennoch aufgrund mancher Lebenssituationen zu negativen Haltungen der Kinder gegenüber ihren Eltern kommt, erfährt hier der Mensch über die richtige Einstellung.

Welch hohe Bedeutung Gott der Achtung gegenüber den Eltern beimisst, geht auch aus den später gegebenen Gesetzen hervor hinsichtlich der körperlichen und verbalen Aggression gegen die Eltern:

15 Wer Vater oder Mutter schlägt, der soll des Todes sterben.
17 Wer Vater oder Mutter flucht, der soll des Todes sterben.”

(Exodus 21.15,17)

Mehr noch, die Aufforderung, Vater und Mutter zu ehren, wird durch die Verheißung eines langen Lebens begleitet.
Zum Zeitpunkt der Gesetzesgebung am Sinai stand nämlich dem damaligen Volk bevor, in das von Gott verheißene Land einzuziehen.
Die Verheißung eines langen Lebens behält jedoch seine Gültigkeit für all diejenigen, die dieses göttliche Gebot einhalten. Der Apostel Paulus bezieht sich auf das fünfte Gebot wie folgt:

2 »Ehre Vater und Mutter«, das ist das erste Gebot, das eine Verheißung hat:
3 »auf dass dir's wohl gehe und du lange lebest auf Erden«“

(Epheser 6.2,3)

Paulus zitiert hier das fünfte Gebot, so wie es im Buch Deuteronomium wiederaufgenommen wird:

16 Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren, wie dir der HERR, dein Gott, geboten hat, auf dass du lange lebest und dir's wohlgehe in dem Lande, das dir der HERR, dein Gott, geben wird.”

(Deuteronomium 5.16)

Die zugute kommende Auswirkung der Einhaltung dieses Gebotes ist demnach nicht nur ein langes, sondern auch ein glückliches Leben.

Wenn zum Zeitpunkt der Gesetzesgebung sich die Verheißung ganz konkret auf das einzunehmende Land bezog, erweiterte sich diese später auf die Bewohner der ganzen Erde.

Deinen Vater und deine Mutter ehren” bedeuten nicht nur Respekt und Schätzung, aber vor allem Gehorsam gegenüber den Eltern:

1 Ihr Kinder, seid gehorsam euren Eltern in dem Herrn; denn das ist recht.”

(Epheser 6.1)

20 Ihr Kinder, seid gehorsam den Eltern in allen Dingen; denn das ist wohlgefällig in dem Herrn.”

(Kolosser 3.20)

Den Kindern ist des öfteren nicht bewusst, dass die Eltern nur ihr Gutes wollen.
Von daher entstehen Mißverständnisse, die zu Streitigkeiten, Zwiespalt usw. führen können.
Richtige Hochschätzung seitens der Kinder kommt erst später, wenn diese ihrerseits ein Erwachsenenalter der vollen Reife errreicht haben werden.

Die Erziehung der Kinder zur Einhaltung des fünften Gebotes - und vor allem allgemein eine biblische Erziehung - wird das späte Bedauern manches nicht wieder gut zu machenden Verhaltens abwenden.

Die Eltern ihrerseits sollten den gegenseitigen Respekt im Umgang mit ihren Kindern nicht aus dem Auge verlieren:

4 Und ihr Väter, reizt eure Kinder nicht zum Zorn, sondern erzieht sie in der Zucht und Ermahnung des Herrn.”

(Epheser 6.4)

Da den Kindern an Lebenserfahrung und Reife eines Erwachsenenalters mangelt, brauchen diese geschützt, erzogen und unter Umständen selbst getadelt zu werden.
Mit aufwachsenden Menschenwesen mit Problemen, Bedürfnissen und spezifischen Altersfragen konfrontiert, sollten die Eltern, die sich des Lebensabschnitts, den ihre Kinder eben durchqueren, bewusst sind, eine gewisse Grenze nicht überschreiten, wenn es darum geht, diese zurechtzuweisen. Kinder sollten von den Eltern „nicht zum Zorn gereizt werden”. Welche Probleme auch immer auftreten, werden Taktgefühl, die Bereitschaft, Verständnis zu zeigen und sogar Zugeständnisse zu harmonischen Beziehungen zwischen diesen „Seiten” beitragen.

Die Nichteinhaltung vonseiten der Eltern der Aufforderung aus (Epheser 6.4) hebt jedoch die Gültigkeit des fünften Gebotes nicht auf. Dieses Gebot ist von der oben erwähnten (auf Gegenseitigkeit beruhenden) Aufforderung nicht bedingt. Die Aufforderung unterstützt diese Beziehungen und hat einen zum Gebot komplementären Charakter.

Die Nichtumsetzung in die Tat dieses Rates ist zweifelsohne ein Manko der Eltern, das aber die Liebe der Kinder für ihre Eltern nicht zunichte machen soll.

Wenn aber die Eltern ihre Kinder zu Taten und Handlungen anstiften, die mit Gottes Wort unvereinbar sind, sollten diese sicherlich nicht gehorchen. Der Gehorsam gegenüber Gott wird dann – wie auch zu jeder Zeit – höchste Priorität haben:

29 Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen.”

(Apostelgeschichte 5.29)

Die Verheißung eines langen und glücklichen Lebens ist eine positive Wirkung und eine göttliche Belohnung der Beachtung dieses Gebots, wobei diese nicht als Selbstzweck zu verstehen ist.
Wenn jemand seine Eltern wahrhaft ehrt, dann macht er es ganz abgesehen von jeder zusätzlich kommenden Verheißung und einzig als eine natürliche Umsetzung der Liebe aus Herzen, die er für diese empfindet.